Mittwoch, 25. Juli 2018

Kaukasus Elbrus Nordseite (Juli/August 2018)

Schon lange, etwa seit meiner Besteigung des Mont Blanc mit Gabi im Jahr 1996, plante ich diesen wunderschönen Berg zu besteigen. Doch alleine die Anreise ist nicht so einfach durch die Zugehörigkeit des Gebietes zu Russland. Anfang des Jahres 2018, als feststand, dass ich 6 Monate frei habe, wurden die Pläne konkreter. Den Ausschlag gab ein nicht abzulehnendes Angebot zur Bergbesteigung von Schulz Aktiv Reisen von der Nordseite. Gegenüber allen anderen höheren Bergen war auch der Preis mit unter 1500 Euro gut bezahlbar.

Am 25.7. 2018 ging es von Berlin über Moskau nach Mineralnye Vody, von dort aus mit dem Auto nach Pyatigorsk (5 Berge).
In Pyatigorsk haben wir einen Tag Zeit für Einkauf, Ausrüstungscheck und Rundgang. Die Unterbringung war in einem Hotel mit dem Charme der Sechziger Jahre, aber alles andere hätte auch nicht gepasst.








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Mich erreichte an dem Tag abends die Nachricht des vorkommen unerwarteten Todes eines liebsten Menschen. Ihr hatte ich mit Sicherheit am meisten in meinem Leben zu verdanken und irgendwie auch, dass ich jetzt hier bin.

Meine Mutti 


Da ich weder für die Hinterbliebenen zu Hause und schon gar nicht für den geliebten Menschen irgend etwas tun konnte, beschloss ich nach Rücksprache trotzdem auf den Berg zu gehen. Ich musste um so mehr versprechen, auf mich aufzupassen und tat es auch.
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Am 27. 7. ging es mit dem Jeep, einem UAZ, bis ins Basislager. Für die Strecke von ca. 140 km benötigten wir 4 Stunden, das letzte Stück waren wir froh mit einem Allradfahrzeug unterwegs zu sein.
Alleine die Fahrt durch die wunderbare Kaukasuslandschaft und die ersten Blicke auf den immer größer werdenden Berg waren die weite Anreise wert. Aber es sollte ja noch spannender werden.











Vor dem Lager mussten wir mit unseren Gepäck einen Fluss überqueren, welcher um die Mittagszeit beachtlich viel Wasser führt. Dazu kam, dass von der eigentlichen Brücke nur noch die Träger standen, der Rest ist dem Wasser zu Opfer gefallen.





Nachdem wir das Lager erreicht hatten und ehrlich begeistert von unserer Unterbringung und dem gesamten Umfeld überhaupt waren, ging es nach einem ausgiebigen Mittagessen zur ersten kleinen Wanderung zur Akklimatisation. Das Lager befand sich auf knapp unter 2600 m, wir liefen bis auf ca. 2900m hinauf.












Die nächsten Tage sollten viel Anstrengung, herrliche Blicke, aber auch Eis und Schnee bringen, deshalb genossen wir die Wärme und das Baden in der kalten (ca. 5 Grad) Quelle. Wir freuten uns über die wunderbare Verpflegung auf alles was noch kommen würde, auch wenn sich unser weißer Riese dezent in den Wolken verbarg.



Am nächsten Morgen schien die Sonne in unser Quartier, deshalb stand ich viel zu früh allein auf und lief ca. 2 h begeistert herum. Der Berg zum greifen nahe und wunderschöne Landschaft ließen mich die Zeit vergessen. Zum Frühstück war ich wieder bei der Gruppe.















Nach dem Frühstück überraschte uns Anton, unser Bergführer, mit Frühsport. Wir nahmen es lustig, aber für Anton war diese Vorbereitung für den Aufstieg kein Spaß. Und sicher hatte er recht.


Heute ging es vom Basislager bis zum Hochlager auf ca. 3700 m. Wir nahmen den ersten Teil unseres Gepäckes mit und hinterließen nur die Schlafsachen. Dieser Aufstieg war ebenfalls nur zur Akklimatisation, wir waren am Abend wieder im Basislager. 















Für den Abstieg wählten wir einen kleinen Umweg und kamen an den beeindruckenden Pilz-Felsen vorbei.









Am nächsten Tag ging es mit dem restlichen Gepäck und natürlich nach dem Frühsport wieder ins Hochlager.





 Auch die Unterbringung im Hochlager fanden wir sehr luxuriös. Trotzdem konnten wir uns vorstellen, wie anders das alles bei schlechten Wetter und voller Belegung der kleinen Hütte sein kann.






Irgendwie hatten wir uns auch hier oben auch mit mäßigen Essen gerechnet. Zu unserer Überraschung kochten Anna und ihre Freundin richtig gut und es gab auch frisches Obst und Gemüse. Toll!




Ich war (erstaunlicherweise) der einzige Biertrinker, alle anderen wollten erst nach dem Gipfel damit beginnen. 


Nachmittags machten wir noch eine kleine Tour bis auf ca. 4000 m zum Test unserer Eisausrüstung und Vorbereitung des nächsten Tages.









Die Abende vergingen jedesmal mit einem wunderbaren Naturschauspiel.




 Sonnenaufgang





Gegen 4.30 Uhr erreichten die heutigen Gipfelstürmer die Felsen in ca. 4500 m Höhe




Der erste Bergführer mit einer Frau die den Gipfelversuch abgebrochen hat ...



Heute war ein erster richtiger Berggang geplant, es sollte nach dem Frühstück vom Hochlager bis auf ca. 4800 m (Höhe Mont Blanc) hinauf gehen.








 Die Strecke führt zwischen ca. 3900 - 4400 m durch Spaltengelände. Deshalb gingen wir mit Steigeisen und Seil. Helm ist bei der Besteigung des Elbrus nicht notwendig, die Spaltenbereiche sind auch relativ unkritisch (viele andere Bergsteigergruppen gingen ganz ohne Seil). Wichtiger war es, dass die Schuhe dicht sind, da es nachmittags lange durch weichen Firnschnee ging und weiter unten Bäche von Tauwasser über das Eis schossen.




Dieser Tag brachte für einige Mitstreiter die ersten ernsthaften Schwierigkeiten, es kamen bei Zweifel auf, ob sie den Gipfeltag durchhalten würden. Wir wurden aber an dem Tag wieder mit tollen Wetter belohnt, erst gegen Nachmittag kamen wie üblich mehr Wolken und lokalen Gewittern weiter unten im Tal.








Und der Abend war wieder wunderschön. Wir hofften, dass uns das Wetter die nächsten Tage hold ist. Der Aufstiegstag kam immer näher.





Am nächsten Tag war Ruhetag und kleine Wanderungen in der unmittelbaren Gegend.
Abends erfolgte die Tourenvorbereitung und eine Arzt-Untersuchung. Dabei zeigte sich die unterschiedliche Akklimatisierung unserer Gruppe durch die Sauerstoffsättigung. Es war keiner dabei, der vom Arzt gesperrt wurde, jedoch gab es "Warnungen".





Das letzte Essen und die Einweisung für den nächsten Tag zeigte die Spannung in den Gesichtern.





Gegen 23.00 Uhr war Wecken und Essen. Anna hatte sogar die Heizung in Betrieb genommen, weil durch die Müdigkeit einige Bergfreunde etwas fröstlich waren.






0 Uhr, der Tag noch ganz jung, ging es mit Stirnlampe aufwärts. Da für Nachmittag schlechteres Wetter angesagt war (Wolken, ev. kleinere Gewitter), wollten wir so früh wie möglich oben sein.
Bis ca. 4500 m kamen wir gut voran, danach quälten sich einige in der Gruppe












Für den Gipfeltag waren zwei Bergführer dabei, Anton hatte also Unterstützung und konnte (theoretisch) die Gruppe teilen und nur mit einem Teil der Gruppe auf den Gipfel steigen.

Diese Möglichkeit war aber keine gute Lösung, weshalb Anton das sicher berechtigte "Jammern" sehr genau beobachtete, aber ansonsten ignorierte.







Für mich bedeutete das relativ langsame Aufstiegstempo genügend Möglichkeiten zum fotografieren. Meine Nordkaptour (...nehme ich zumindest an) sorgte dafür, dass mir der Aufstieg am leichtesten fiel und ich viele Fotos aus allen Perspektiven machen konnte. Anton hatte Verständnis dafür, ich durfte vorne weg, hinterher und rechts und links laufen. Das Gebiet oberhalb von 4400 m ist unkritisch bei guter Sicht, insofern war das leicht möglich.










Ab Ca. 5200 m ging es sehr langsam vorwärts. Aber es ging voran, weshalb Anton auch entschied mit allen weiter zu gehen. Wir liefen sehr langsam und machten Pause aller Stunden für 10 min. Besonders ein Mitstreiter hatte große Probleme, aber lief tapfer weiter.









Die letzten 200 Höhenmeter waren nicht mehr so steil, es ging über eine Hochfläche zum Ostgipfel. Der Ostgipfel (5621 m) ist 20 Meter niedriger als der weitaus mehr begangene Westgipfel.

Die letzten Meter wurden für einige zur Qual, aber letztendlich schafften es alle bis zum Gipfel. Das freute Anton und natürlich uns auch. Es kommt nicht so oft vor, dass alle den Gipfel erreichen.

Wie zur Belohnung riss die Wolkendecke auch kurz auf und wir hatten Sicht Richtung des Südgipfel, Wir waren zu der Zeit alleine am Gipfel und sahen die vielen Bergsteiger am Südgipfel.




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Ich habe eine kleine Flasche Schapps bis nach ganz oben mitgenommen und meiner Mutti zugeprostet.



Der zweite Schluck war für Gabi, welche nun schon 17 Jahre nicht mehr lebt. Sie wäre auch gerne hier oben mit mir gewesen.



Der letzte Schluck war in Gedanken für Anke, mit der ich hoffentlich noch einmal gemeinsam auf diesen oder einen ähnlich schönen Berg gehen kann.



Mit Tränen in den Augen und etwas Verwirrung im Kopf habe ich auf dem Rückweg vor allen an diese drei für mich bedeutenden Frauen denken müssen. Aber das hat oben keiner bemerkt, alle hatten mit sich zu tun. Nur Fotos  habe ich vom Gipfel bis ins Hochlager keine mehr gemacht.


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Wir erreichten den Gipfel ca. 10.30 Uhr. Wegen des schlechter werdenden Wetter und den angesagten Gewittern gingen wir zügig wieder hinunter. Der Rückweg war im weichen Firnschnee trotz bergab sehr anspruchsvoll. Im Hochlager angekommen gab es viel zu erzählen und für einige auch das erste Bier.



Am nächsten Tag liefen wir mit dem gesamten Gepäck wieder in das Basislager. Unseren Reservetag wollten wir lieber im Basislager bleiben und dann erst zurückfahren in unser Hotel. Das war kein Problem.


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Den letzen Tag stiegen wir noch leichtfüßig ohne Ausrüstung auf einen der umliegenden kleinen Berge, welche aber auch noch 3500 m hoch waren. Dort konnten wir neben der Aussicht die Gänsegeier beobachten. Mit über 3 Metern Spannweite beeindruckende Flieger.










 Frische Milch und Jogurt direkt vom Bauer





Leider mussten wir am nächsten Tag unser Rückreisegefährt besteigen. Schade!









Am letzten Abend haben wir noch einmal uns die Kurstadt erobert und viel, viel gegessen ...










Am Morgen verabschiedete sich unser Berg von uns noch einmal in all seiner Schönheit, auch wenn er 80 km entfernt war.






Fazit:

Die Elbrustour vom Norden ist landschaftlich sehr reizvoll. Sie stellt Ansprüche an Kondition und hat ansonsten keine besonderen Anforderungen. Dass man allerdings diesen Berg auf Grund seiner Höhe nicht unterschätzen darf, ist sicher klar. Außerdem ist besonders der Gipfeltag vom Basislager aus sehr lang und anstrengend.
Die Art des Aufstieges, die Akklimatisation, Unterbringung und Verpflegung war hervorragend. Eine Dank an unseren Bergführer Anton, das lokale Agentur "Elbrus-Reisen" und Schulz Aktiv Reisen für die gute Organisation.

Die einzelnen Tage und Streckenpläne (komoot-Aufzeichnungen)

1. Tag: https://www.komoot.de/tour/41186912?ref=wtd kurze Akklimatisationstour

2. Tag: https://www.komoot.de/tour/41186935?ref=wtd Basislager - Hochlager und zurück

3. Tag: https://www.komoot.de/tour/41186935?ref=wtd Basislager - Hochlager und kleiner "Eisspaziergang"

4. Tag: https://www.komoot.de/tour/41187022?ref=wtd Hochlager bis 4800 m

5. Tag: Ruhetag (fast)

6. Tag: https://www.komoot.de/tour/41187092?ref=wtd Gipfeltag

7. Tag: https://www.komoot.de/tour/41187115?ref=wtd Rückweg Hochlager - Basislager

8. Tag: https://www.komoot.de/tour/41187115?ref=wtd Wanderung rund um das Basislager

9. Tag: https://www.komoot.de/tour/41187895?ref=wtd kleine Wanderung am Basislager

https://www.komoot.de/tour/41187913?ref=wtd  Rückfahrt nach Pyatigorsk mit dem Jeep